Paintings

Joseph Marioni

April 28 – July 19, 2012

Die Bilder Joseph Marionis feiern das Licht. In der Malerei kann Licht allein über die Farbe dargestellt werden. Daher ist es seit je eines der höchsten Ziele der Malerei gewesen, der Farbe ein Strahlen abzuringen und ihr etwas Lichthaftes zu verleihen. Marioni bedient sich dabei einer ähnlich lasierenden Malweise, wie sie die Alten Meister der Gotik und Frührenaissance be­nutzten: In mehreren dünnen, fast durchscheinenden Schichten wird die Farbe aufgetragen. Werden Schichten des gleichen Farbtones übereinander gelagert, wird die Farbe intensiver. Werden hingegen unterschiedliche Farbnuancen lasiert, erhält der Farbton Tiefe. Der Glanz der Bilder geht damit allein auf den Farbauftrag und nicht auf das Farbmaterial zurück. Marioni benutzt einen dünnflüssigen Acrylbinder, um seine Farbpigmente zu lösen. Entlang der unterschiedlichen Farblasuren, in denen er teils verschiedene, teils miteinander verwandte Farbtöne verwendet, erschließen sich ungeahnte Farbräume, da die Farbschichten zwischen Transparenz und Dichtigkeit changieren. Eine eigentümliche Simultanität von Oberfläche und Farbraum entsteht. An den seitlichen Kanten, vor allem an der Unterkante offenbaren die Bilder ihren Schaffensprozess. Hier werden die Überlagerungen der Farbschichten sichtbar, weil Marioni hier bewusst die Schichten nicht exakt übereinander lagert, sondern voneinander trennt und ihre unterschiedliche Verlaufsweise sichtbar werden lässt. Dieser Bruch der glatten Ober­fläche am unteren Bildrand lässt die Physis des Gemäldes verstehen und das Fließen des Mediums Farbe nachvollziehen. Die Bilder erhalten nicht zuletzt durch dieses Markieren der Bildgrenze eine Körperlichkeit.

Joseph Marioni gehört zur New Yorker Bewegung des Radical Paintings und gilt als ihr wichtigster Vertreter. Radical Painting ist weniger eine Schule, sondern eine Debatte über das Wesen der Malerei: Kann Malerei unabhängig von allen Bezügen außerhalb des Bildes bestehen? Kann allein gemalte Farbe eine solche Emphase hervorrufen, dass sich der Betrachter in ihre bloße Konstellation versenkt? In den fünfziger Jahren hatten amerikanische Künstler wie Barnett Newman, Mark Rothko oder Jackson Pollock gezeigt, dass dies möglich ist. In den sechziger Jahren wiederum entstanden zwei Kunstrichtungen, die die Ausdruckskraft eines autonomen Bildes verneinten: die Pop-Art und die Minimal-Art. Ihre Bilder gründeten sich wieder auf externe Bezüge – auf mediale Inhalte bzw. auf geometrische Raster. Anfang der siebziger Jahre versuchten Brice Marden und Joseph Marioni, den Focus wieder auf den Eigenwert der gemalten Farbe zurückzulenken. Marioni veröffentlichte dazu eine Programmschrift mit dem Titel: Radical Painting. Es ist der Versuch einer zeitlosen Debatte und Auseinandersetzung über das ursprüngliche und fundamentale Wesen der Malerei.

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