Björn Siebert
27 Oktober – 15 Dezember 2012
Die Hengesbach Gallery freut sich im Rahmen des 5. Europäischen Monat der Fotografie Berlin eine Ausstellung des Fotografen Björn Siebert ankündigen zu können. Es ist nicht nur die erste Berliner Einzelpräsentation des in Leipzig lebenden Künstlers, sondern zudem die Premiere seiner neuesten Arbeiten. Seine ‚Remakes‘ sind großformatig reinszenierte Amateuraufnahmen aus dem Netz. Sie fragen nach den Geheimnissen von Entstehungsmomenten und überschreiben mit dem Akt der detailgetreuen Reproduktion, die Willkürlichkeit, die dem Schnappschuss anhaftet. Zur Eröffnung am 26. Oktober 2012 um 18 Uhr möchten wir Sie herzlich einladen. Künstlergespräch: Björn Siebert und Prof. Dr. Steffen Siegel (Ästhetik des Wissens, Uni Jena) am 15 November 2012, 19 – 21 h in der Galerie. Ein Pappmaché-Häuschen auf einer Schreibunterlage, ein abgebissener Bagel auf zerknülltem Konditoreipapier: Björn Sieberts ‚Remakes‘ erzählen von Augenblicken unserer täglichen Lebens-kultur. Meist zeigen seine Fotografien Dinge, seltener Personenstücke. Gemeinsam ist allen ‚Remakes‘ das Zufällige. Ihre Entstehungsmomente scheinen auf flüchtige Augenblicke zurückzugehen. Allerdings wirken Sieberts Fotografien trotz dieser Annahme immer auch komponiert. In der Beiläufigkeit der Motive schwingt eine merkwürdige Betonung mit. Das Pappmaché-Häuschen und der Bagel lassen in ihrem bildhaften Aufbau keinen Zweifel an einer situationsbezogenen Vollkommenheit. Die Ursache dieser Wirkung liegt in der bewussten Inszenierung des ursprünglich Zufälligen. Sieberts ‚Remakes‘ zeigen keine Erfahrungen aus erster Hand, sondern Rekonstruktionen von Amateuraufnahmen, die der Künstler im Netz gefunden hat. Im schier unbegrenzten Kosmos online gestellter Fotografien bedient er sich an Schnappschüssen, die ihm als Vorlage für seine Interpretationen dienen.
Gleich einem Archäologen sucht Siebert in der digitalen Bilderflut nach ungewöhnlichen Verklammerungen von Gegenstand und Raum. Hat er seine Wahl getroffen, beschafft er sich monatelang in mühevoller Recherchearbeit jedes Detail für seine Nachstellung. Auf diese Weise werden aus den auf seltsam unachtsame Weise entstandenen Dokumentarstücken sorgfältig arrangierte Reportagen zu unserer täglichen Lebenskultur, die gesammelt zur Repräsentation werden. Keinesfalls geht es Siebert dabei um die Wiederholung. Vielmehr versucht er die Ungeklärtheit von Trivialität und Sinn sowie den enzyklopädischen Gehalt seiner Foto-Fundstücke zu entschlüsseln. Dass ein ‚Remake’ nicht zuletzt durch die technische Reproduktion durch eine großformatige Plattenkamera ein Vielfaches mehr an Aufmerksamkeit erlangt als das einstige Original, ist eine zusätzlich paradoxe Vertauschung von Perspektiven und Intentionen.