Geometrie und Alltag

Axel Lieber

September 10 – October 29, 2011

Der Bildhauer Axel Lieber entwirft seine Skulpturen aus Materialien und Formen unseres Alltages, vor allem aus dem Umfeld des Wohnens. Er baut diese Dinge entweder in veränderter Form nach oder greift so gezielt in sie ein, dass sie mitunter kaum noch wiederzuerkennen sind. Axel Lieber entdeckt in dem uns Nahen das Andere, das Geheimnisvolle, Fremde, Unheimliche, Widerständige, Traumhafte, Abgründige, Gegenläufige, Fiktionale. Ein Hemd, Schuhe, eine Leiter, eine Tür oder auch ein Gartenplastikstuhl präsentieren sich in seiner Berliner Ausstellung ?Geometrie und Alltag“ in veränderter Form. Aus einem weißen Herrenhemd schnitt der Künstler den Stoff zwischen den Nähten heraus. Übrig blieb eine schlaff herunterhängende skelettartige Form, die zwar mit den intakten Manschetten und Kragen an ein Hemd erinnert, das aber nun eine unabhängige, skulpturale Form geworden ist. Beim Anblick des schwebenden, körperlosen Stoffes gruselt sich das Kind im Betrachter vor diesem Gespenst. Und auch der Gartenstuhl, der von Lieber zersägt und im Miniaturformat mit Nieten wieder zusammengesetzt wurde, lädt das Kind in uns ein in die Knie zu gehen, die Froschperspektive einzunehmen und den kleinen Stuhl als gepierctes Monster, wie einen Teilnehmer an okkulten Ritualen wahrzunehmen. Aus der Vielzahl der Dinge unserer Welt wählt Lieber solche aus, die zu uns in einem persönlichen Körper- und in einem Erinnerungskontakt stehen. Die bildhauerisch schwierige Arbeit besteht in der Transformierung der bekannten Formen zu neuen Gestalten, welche uns staunend in das offene Assoziationsfeld unseres Lebens eindringen lassen. So gelingt es dem Künstler die Beziehungen des Betrachters zu dem ihn umgebenden Raum und den Dingen neu zu bestimmen und die Wirkkräfte und Wirkmöglichkeiten des Lebens anders einzuschätzen – eine der zentralen Funktionen von Skulptur. Joseph Marioni gehört zur New Yorker Bewegung des Radical Paintings und gilt als ihr wichtigster Vertreter. Radical Painting ist weniger eine Schule, sondern eine Debatte über das Wesen der Malerei: Kann Malerei unabhängig von allen Bezügen außerhalb des Bildes bestehen? Kann allein gemalte Farbe eine solche Emphase hervorrufen, dass sich der Betrachter in ihre bloße Konstellation versenkt? In den fünfziger Jahren hatten amerikanische Künstler wie Barnett Newman, Mark Rothko oder Jackson Pollock gezeigt, dass dies möglich ist. In den sechziger Jahren wiederum entstanden zwei Kunstrichtungen, die die Ausdruckskraft eines autonomen Bildes verneinten: die Pop-Art und die Minimal-Art. Ihre Bilder gründeten sich wieder auf externe Bezüge – auf mediale Inhalte bzw. auf geometrische Raster. Anfang der siebziger Jahre versuchten Brice Marden und Joseph Marioni, den Focus wieder auf den Eigenwert der gemalten Farbe zurückzulenken. Marioni veröffentlichte dazu eine Programmschrift mit dem Titel: Radical Painting. Es ist der Versuch einer zeitlosen Debatte und Auseinandersetzung über das ursprüngliche und fundamentale Wesen der Malerei.

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