Ola Billgren
23 May – 24 June, 2016
Ola Billgren (1941-2001) zählt zu den bedeutenden Malern der schwedischen Nachkriegszeit. Sein Stil wurde prägend für die schwedische Popart in den sechziger Jahren, die sich weniger mit den Erzeugnissen und Darstellungsformen der Printmedien als mit der szenischen Psychologie des Film (Ingmar Bergmann, Michelangelo Antonioni) auseinandersetzte. Nach expressiven Anfängen eines Jugendwerks beschreiben Billgrens Bilder aus den sechziger Jahren den Menschen in seiner unmittelbaren Umgebung, zumeist in einem dämmernden Licht, an den Rändern des Bildraums platziert und mit einer Betonung auf die Stofflichkeit der umgebenden Dinge.
In den siebziger Jahren lädt er seine Arbeiten mit dramatisierten Rollen auf. Billgren erprobt die Wechselwirkung von psychischer Ausdruckskraft und malerischem Umraum aus. Hierbei setzt auch eine noch stärkere Reflexion auf die Beschaffenheit des medialen Trägers Bild ein. Die unterschiedlichsten kulturellen Inspirationsquellen Schrift, Buch, farblich transformierte Reproduktion, Rasterung finden Eingang in seine Bilder. Auch von der malerischen Seite vollzieht sich ein Wandel. Billgren kehrt zu einer expressiveren Pinseldynamik zurück und beschäftigt sich konzeptuell wie auch malerisch mit dem Verhältnis der Farben zueinander. Resultat dieses Wandels sind seine abstakten romantischen Landschaften Anfang der achtziger Jahre. Aus der Expressivität der Farbverwebungen entwickelt Billgren gegen Ende der achtziger Jahre bildlich ein System von Bildüberlagerungen. Hierbei entstehen Stadtraumlandschaften, bei denen mehrere Perspektiven miteinander konkurrieren oder unterschiedliche Texturen aufeinander geschichtet werden.
In den neunziger Jahren verdichtet Billgren diese Erfahrungen zu scheinbar monochromen Bildräumen. Er nimmt den Bildern ihre Tiefe, bringt aber die Verdichtung der Farbe dazu, eine menschliche Leiblichkeit, ein sensorisches Fühlen anzunehmen und in ihrer Bewegungshaftigkeit menschliche Emotionalität spüren zu lassen. Billgrens malerischer Kosmos kulminiert schließlich am Ende der neunziger Jahre in zwei Polen: in seinen grünen Landschaftsbildern und seinen scheinbar grauen skulpturalen Bildern.
In den grünen Landschaftsbildern gelingt es ihm, die beiden Gegensätze unserer Landschaftserfahrung zusammenzuführen, die Erfahrung von sich ausdehnender, fließender Unendlichkeit und von vertrauter Nähe.
Die skulpturalen Bilder entstehen aus einem farblichen Verschmelzen der drei Primärfarben rot, blau und gelb und aus einer Umkehrung von Helligkeit und Dunkelheit. Aus dem weichen Dunkel der Farbmasse lässt Billgren einen Raum der Abwesenheit der Farbe entstehen, welcher in seiner Helligkeitsmodulation einen skulpturalen Körper darstellt. Paradoxerweise entsteht aus dem Mangel farblicher Substanz die Anwesenheit eines Körpers, der sich in der bewegten Silhouette seiner Ränder belebt, und von seinem steinernen Zentrum nach außen hin, zu den Rändern des Körpers, intim auflädt und darin Anmut zur Erfahrung bringt.
Die innerliche Dramatik der Farbe lässt die Bilder wie in eine emotionale, intime stille Glut getaucht wirken, in beiden Fällen ein malerisches Wunder. So hat Billgren kurz vor seinem Tod die Stränge seines malerischen Werkes auf einen Höhepunkt geführt in der Betrachtung der Frage nach der Vitalität des Menschen. Beide Bildgruppen halten dem Menschen einen Spiegel vor Augen: Wie kann sich der Menschen legitimerweise betrachten? Die eine Möglichkeit ist: durch ein künstlerisches Werk. Billgren führt uns aber vor Augen, dass dieses Werk in seiner Sprechfähigkeit zu uns nur etwas Immaterielles sein kann. Die andere Möglichkeit ist die der Betrachtung seiner Umgebung, der Betrachtung von Natur. Diese aber ist nicht ein konkretes Etwas, sondern nur der Raum unseres Denkens und Fühlens als ein Gespräch von Weite, Ferne und Nähe zugleich.